Die Germanen und die Zombieangst
Untote sind seit jeher unbeliebte Zeitgenossen gewesen. Niemand wacht gern mitten in der Nacht auf, um in das blutverschmierte Antlitz seines Großvaters oder eines anderen Ahnen zu starren.
Die Germanen sahen das ähnlich. Obwohl die Toten Mitglieder der Sippe blieben, wollte man sie dennoch nicht im Haus haben. Besonders, wenn ein Verwandter ein schlimmer Finger war, konnte es sein, dass er als „Wiedergänger“ erneut in Erscheinung trat. Wer die Kräfte eines Lichs (nachzuschlagen im Rolemasterkreaturenbuch) kennt, der weiß, dass höhere Untote große magische Kräfte haben. Die Germanen hatten eine spezielle Taktik, zu verhindern, dass Tote wiederkehrten. Der Erbe des Toten musste sich ihm von hinten nähern und seine Augen schließen, ohne dass er ihn ansehen konnte. Dies verhinderte, dass der Leichnam den Lebenden „ausersehen“ und ihn „nachholen“ konnte. Der Tote wurde dann gewaschen, um ihn für das Leben nach dem Tod vorzubereiten. Eine Besonderheit war, dass der Tote das Haus nicht durch die Tür verlassen durfte. Stattdessen wurde ein Loch in die Wand gehauen, der Tote musste hindurch und das Loch wurde danach wieder geschlossen. (Vgl. Prisca Augustyn: The semiotics of fate, death, and the soul in germanic culture. New York 2002. S. 28)
„Denn ist ein Gesetz der Geister, daß sie an den einmal eingeschlagenen Weg gebunden sind, und dieser kann ihnen verlegt werden.“ (Hasenfratz :D: Die Seele. Einführung in ein religiöses Grundphänomen. Zürich 1986. S. 26)
In schwierigen Fällen wurde der Tote auch mit Steinen beschwert oder in seinem Grab gefesselt. „Nutze deinen Hügel gut“, war hier und da an Hügelgräbern zu lesen. Dies kann man als nett verpacktes „Junge, komm‘ nicht wieder“ ansehen.
Wer sich jetzt in germanischer Untotenkunde weiterbilden will, dem seinen das Buch von Prisca Augustyn und dem, der sich Hasenfratz 😉 nennt, ans Herz gelegt. Eine weitere lehrreiche Lektüre ist: Rudolf Simek: Götter und Kulte der Germanen.