Schmatzi, Schatzi – oder: der charmante Nachzehrer

Schmatzi, Schatzi – oder: der charmante Nachzehrer

Über Untote kann gar nicht genug berichtet werden, schließlich muss man wissen, wie man sie wieder los wird. Als die Schmitt heute dies zur eigenen Erbauung hörte, kam ihr die Erkenntnis, dass zwar viel über den Klischeevampir (sexy, bleich und adelig), aber nicht über den Untoten von nebenan berichtet wird. Dies ist ein Versäumnis und höchst bedauerlich. Heute geht es aber nicht um Rufer, Klopfer und Besucher, sondern um den Nachzehrer.

Der Nachzehrer gehört zur Familie der Untoten und kann als Vorläufer des Vampirs angesehen werden. Er zeichnet sich  durch einen fürchterlichen Hunger aus. Da der Pizzaservice nicht unter die Erde liefert, muss er seine Kleidung und sogar das Leichentuch fressen. Wer also zufällig auf einem Friedhof ist und fiese Schmatzgeräusche hört, sollte schleunigst das Weite suchen. Nicht immer ist es ein harmloser Perverser, der dort lauert.
Doch wo ist das Problem? „Lass’ ihn doch schmatzen, der tut doch nichts!“, werden jetzt einige sagen. Weit gefehlt, denn der Nachzehrer, auch manducator genannt, ist „derjenige, der den Tod verursacht, indem er etwas verschlingt.“ (Lecouteux: Die Geschichte der Vampire) Der Untote verlässt sein Grab nicht, aber er holt seine Verwandten und Freunde nach, indem er etwas runterwürgt. Hier wirkt das Gesetz der Sympathie, wenn er an sich selbst (Igitt!) oder an seinem Leichentuch nagt, sterben die, die ihm nahe standen.

Auch die Inquisitoren Jakob Sprenger und Heinrich Institoris (Ja, genau, die mit dem Hexenhammer) haben im 15. Jahrhundert ihre Erfahrungen gesammelt:

„Einer von uns, Ihr Herren Inquisitoren, kam zu einer befestigten Stadt, die nahezu vollständig ihrer Bewohner durch den Tod beraubt war. Überdies ging das Gerücht, eine tote beerdigte Frau habe Stück für Stück ihr Leichentuch verzehrt, in dem sie bestattet worden war; und daß der Seuche kein Einhalt geboten werden könne, bis sie das Leichentuch vollständig verschlungen und verdaut hätte. Man hielt Rat über dieses Vorkommnis. Profoß und Schultheiß der Stadt gruben das Grab auf und fanden fast die Hälfte des Tuches im Mund, im Hals und im Magen, und es war bereits verdaut. Ob dieses Anblicks völlig verwirrt, zog der Profoß seinen Degen, schlug ihr den Kopf ab und warf sie aus der Grube. Sogleich kam die Seuche zum Stillstand.“ (Malleus maleficarum, I, 15.)

Seuchen sind ja nie schön. Besonders Hypochonder wenden sich mit Grausen ab. Und eine Sache ist wirklich sehr wichtig, liebe Kinder: Bei Untoten sollte man wirklich immer auf den Kopf zielen. „Gewalt ist nicht immer eine schöne, aber eine schnelle Lösung“, hat ein weiser Mann einst gesagt.

In dem Sinne: Ein Reisender verlässt das Haus nie ohne seinen Spaten. 😀

3 Gedanken zu „Schmatzi, Schatzi – oder: der charmante Nachzehrer

  1. Dies ist mein erster Versuch mich an die kräftig-moderne Prose hier zu gewöhnen. Bis jetzt ist alles ziehmlich neu. Vielleicht darf ich nach wörter fragen, die mir unbekannt sind:
    Zweiter Paragraph, zweiter Satz, das Wort „fiese“
    Zweiter Paragraph, letzter Satz, das wort „lgitt!“
    Zweiter Paragraph, letzter Satz, das wort „im“ — hier nehme ich ann dass es „ihm“ sein sollte, aber die ersten Zwei entgehen mir.

    Obwohl es sein könnte, dass dies nur kleine Schreibfehler sind, bitte nehme meine Erkundigung im Ernst. Ich wohne seit 1951 außerhalb Deutschlands und verliere langsam meine Sprache. Vielleicht unglaublich, aber ich erinnere mich dass sie erstmals so gut war wie deine.

    PS: Bitte entschuldigen Sie mir; ich bin durch „Facebook“ an das persönliche „Du“ gewöhnt. Wenn Sie wollen, gehe ich gern wieder zur formalen Ansprache zurück.

    Hal G Mayer ragmaniac2000-hmayer@yahoo.com

  2. Nein, nein, Du ist schon okay. 😀

    Ja, natürlich sollte es „ihm“ heißen. „Fies“ ist ein Adjektiv, das als Synonym für schlecht, böse, aber auch für „ekelhaft“ genutzt werden kann. „Der ist mir fies“, sagt man in der Umgangssprache. So in etwa.
    „Igitt“ ist ein Ausdruck, der Ekel bezeugen soll. „Da liegt eine Leiche in der Küche – Igitt!“ Wahlweise auch „Igitt-Igitt“, wenn man nichts Böses ahnt und ein Ghoul in den Bus steigt.

  3. Schönen Dank, Schmitti, für die Aufklärung. Ich werde die zwei neu-gelernten Wörten nicht vergessen.
    Nun kann ich Dir ja sagen, wie wunderbahr-ekelhaft Deine Nachzehrer Geschichte mich beeindruckt hat. Kurz for meiner Vergrabung werde ich darauf achten, dass man mir kein Leichentuch beigiebt. Und zur Versicherung, werde ich mich mit vielen Leckereien begraben lassen. Denkst Du dass das helfen würde?
    Aber die Frage bleibt: Warum nicht einfach das Verbrennen ersuchen?

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